LUNASTRIA HEXENAKADEMIE

  • Herbstzauber
    30 September, 2025||
15 Oktober, 2025| Felo|

Leise hallten die ruhigen Schritte der Hexenschülerin in dem Korridor wider. Zielstrebig, ja, aber mit einer gewissen Eleganz und Ruhe bewegte sie sich fort, während sie vom Licht der untergehenden Sonne gestriffen wurde, wenn sie an einem der hohen Fenster vorüber schritt. Ein langer Tag war es heute gewesen – ein schöner, selbstverständlich, aber irgendwann durften auch schöne Tage ihren Ausklang finden. Entsprechend war die junge Frau mit den rosafarbenen Haaren auf dem Weg zur Schulküche. Was wollte sie heute backen? Vielleicht nicht backen. Vielleicht würde sie heute einfach Mochis mit Schokoladenfüllung machen. Sie ging in Gedanken die Zutaten durch, die sie dafür benötigen würde. Feines Reismehl, feinen Zucker und Wasser… und für die Füllung Schokolade und Sahne. Entzückt tippte sie ihre Fingerspitzen aneinander und lächelte vergnügt, als plötzlich etwas an ihr vorbei flatterte. 

Wirklich? Flatterte? Mit sichtlicher Überraschung sah sie auf und sah einen schwarzen, kleinen Schatten noch in der Schulküche verschwinden. Huh. Trotzdem setzte sie ihren Weg in aller Ruhe fort. Sie war sowieso fast da – und sie musste das arme, aufgeschreckte Tierchen nicht noch weiter aufschrecken.

Nachdem sie die Tür erreicht hatte, schlüpfte sie in den Raum, den sie sogar blind begehen konnte, ohne sich zu stoßen. Blind war gerade ein gutes Stichwort. Da die Fenster in diesem Raum von der untergehenden Sonne nicht erfasst wurden, hatte sich bereits eine gewisse Düsternis über die Schulküche niedergelegt. Licht zu entfachen wäre nun wirklich… unschön für das kleine Geschöpf. Also zückte Felo ihren Zauberstab und seufzte leise. Sie war eine Hexe. Sie hatte Magie zur Hand. Warum also nicht nutzen? Sie musste nicht lange überlegen, welcher Zauber ihr hier helfen konnte. Ein Nachtsicht-Zauber, welchen sie schon oft zuvor angewandt hatte, um noch bis spät in die Nacht zu lesen, ohne Lolo in ihrem Schlaf zu stören. Mit einem sanften Tippen des Stabes an ihre Stirn und das Flüstern ihres persönlichen Zauberspruchs war es ihr, als hätte jemand einen dunklen Schleier angehoben und sie sah. Nicht wie am Tage, es war schwierig, diese Art der Wahrnehmung zu beschreiben. Die Farben waren kontrastarmer. Die Welt sah fahl und zeitlos aus – und doch, als wäre sie in eine Art Sepia getaucht. Sah sie Farben? Sie konnte es gerade garnicht beurteilen. Aber musste sie auch nicht – niemand war hier, um sie danach zu fragen. 

So durchquerte Felo die Küche, hatte aus den Augenwinkeln ein kleines Nervenbündel ausgemacht, welches sich kopfüber an eine Abzugshaube in der Nähe gehängt hatte. Ein sanftes Lächeln glitt über ihre Züge, bevor sie sich dann daran machte, ihre zuvor gedachten Zutaten zusammen zu suchen. Warum sollte sie das, was sie vor hatte, aufgeben, wenn sie beides haben konnte? Nachdem sie alles beisammen hatte, band sie sich eine der niedlichen Schürzen um, die an der gegenüberliegenden Wand nur darauf warteten, benutzt zu werden.

In aller Seelenruhe rühte die Hexenschülerin den Mochiteig in einer Schale an – aus Wasser, Reismehl und Zucker. Mit dem Schnicken ihres Zauberstabes begann das Wasser im Topf auf dem Herd an, sanft zu blubbern. Ein weiterer Schnick ließ einen Dampfgarereinsatz in den Topf fliegen. Zufrieden nickte sie, bevor sie sich kurz mit einem Blick aus den Augenwinkeln überzeugte, dass die Fledermaus noch da war. Dann stellte sie die Schale in den Dampfgarereinsatz und schloss den Deckel, welchen sie mit einem Geschirrtuch umwickelt hatte. Fünfzehn Minuten waren ihr als Kind immer so lange vorgekommen – seit sie selbst kochte und backte hatte sie eher das Gefühl, dass es viel zu wenig Zeit war… Sie stellte einen weiteren, etwas kleineres Topf auf den Herd und überließ es diesmal dem Herd, die Sahne in dem Topf zu erhitzen – vorsichtig. Sie wollte nicht, dass es anbrannte. Felo wandte sich währenddessen ihrem Schneidebrett zu und begann, die Schokolade zu zerkleinern. Zerkleinert war es leichter, die Schokolade in der Sahne aufzulösen. Ein Seitenblick genügte um zu wissen, dass die Sahne bereit war und so ließ die Rosahaarige die Schokolade in die Sahne sinken. Sanft rührte sie das Gebräu, bis die Schokolade geschmolzen und eine schokoladige, noch flüssige Masse entstanden war. Diese Ganache schüttete die junge Hexe dann in eine rechteckige Form und sprach einen Zauber, der die Masse direkt erkalten ließ – ohne dass die Qualität darunter Schaden nahm. 

Inzwischen waren 12 Minuten vergangen. Vorsichtig hob Felo den eingewickelten Deckel an und rührte die weiße, inzwischen zäher gewordene Masse im Dampfgarer durch, bevor sie den Deckel wieder herabsenkte. Hmmm. Mochis waren wirklich ihre Lieblingssüßigkeit. Leise summte sie während die die erkaltete Ganache aus der Form auf das Schneidebrett klopfte und in zehn gleichgroße Kugeln formte. Danach wusch sie sich kurz die Hände, bevor sie – pünktlich – den Deckel ihrer Dampfgarervorrichtung anhob und mit einem Schnick ihres Zauberstabs die heiße Schale herausschweben ließ. Magie machte wirklich alles einfacher. Früher hatte sie sich bei diesem Schritt oft die Finger verbrüht, weil sie vergessen hatte, Handschuhe anzuziehen.

Die Schale schwebte neben ihr, während sie eine Handvoll Maisstärke auf der Küchenzeile verteilte. Die zähe Mochimasse ließ sie fast schon achtlos darauf plumsen, bevor sie auch diesen mit ein wenig Maisstärke bestäubte. Dann plötzlich wieder Flattern. Felo blinzelte, als sie zu ihrer Hutkrempe aufsah und die inzwischen neugierig gewordene Fledermaus daran hängen sah. Ein leises Kichern entwich ihren Lippen, bevor sie sich daran machte, den Mochiteig auszurollen und in zehn gleichgroße Teile zu schneiden. Danach war es denkbar einfach – je eine Ganache-Kugel wurde von einem Mochiteiglappen umwickelt und sachte glatt gestrichen. Nachdem ihre Mochis vollendet waren, atmete Felo stolz aus und sah zu dem Fledermäuschen auf. „Spannend oder?“ Das Tierchen schien, als würde es nicken – entsprechend schmiegte sich ein sachtes Lächeln auf die Lippen der Kristallhexe, bevor sie mit ihrem Zauberstab einen der Mochis antippte. Kurz war der süßliche Signaturgeruch ihrer Spezialmagie in der Luft. Die kleine Flugmaus wirkte so interessiert – aber Felo wollte sie nicht vergiften. Sie wusste, dass Tiere Schokolade nicht unbedingt vertrugen – also wirkte sie einen Zauber, der die Verträglichkeit sicherte und den Mochi für die Fledermaus unschädlich machte. Ohne Geschmacksverlust – dafür stand Felo mit ihrem Namen.

Kurz packte sie noch die übrigen Mochis in eine kleine Schachtel und säuberte die Küche von allen Spuren, die für ihre Anwesenheit hätten sprechen könnten, bevor sie der Fledermaus den Mochi hinhielt und in dieser Haltung die Küche verließ, um das Fledermäuschen zurück in seinen Turm zu bringen.