LUNASTRIA HEXENAKADEMIE
Werde eine Hexe
Schülerinnen
und Einkaufstraße
Deine Geschichte
Tatsächlich. Direkt wenn ich aus dem Fenster sehe, erkenne ich einen Raben mit einer Brille im Schnabel. Das kann doch kein Zufall sein.
Rabenvögel mögen doch glänzende Dinge? Vielleicht kann ich sie von etwas anderem, faszinierenderem als Nileths Brille überzeugen. Gleichzeitig scheinen sie doch auch besonders schlau zu sein … Da beginnt der Vogel mit den Flügeln zu schlagen und sich aus dem Geäst zu erheben. Er flattert hinab, Richtung Schloßgarten. Ich denke gar nicht weiter drüber nach, hechte nur schnell die Treppe hinab und eile nach draußen.
Leider ist Flöflö heute noch in der Elfenschule – sonst hätten wir uns aufteilen können. Wenigstens mein Besen ist dabei. Aber erstmal muss ich den Raben wiederfinden um überhaupt eine Spur aufnehmen zu können.
Kaum verlasse ich die großen Tore des Hexenschlosses betrete ich den Schloßgarten. Von dem oberen Stockwerk konnte ich gut beobachten wie der Rabe hierher geflogen ist. Aufmerksam schaue ich mich um. Mir fallen einige Besucher des öffentlich zugänglichen Geländes auf; Hexen und Mitschüler. Einige Vögel sitzen an einem Brunnen, doch diese sind viel zu klein und vor allem haben sie keine Brille bei sich.
Nach einigen Augenblicken merke ich das ich einfach ungeduldig werde. Kurzerhand sitze ich auf meinem Besen und schwebe einige Meter über dem Erdboden. Inzwischen bin ich es schon gewohnt auf ihm zu sitzen; es macht mir nicht die größte Freude, aber bis zu vier Meter in die Höhe kriege ich schon hin – nicht zuletzt weil ich durch das leichte Pulsieren meiner Halskette die Konzentration besser halten kann. Die Geschwindigkeit beim Fliegen ist eine andere Geschichte. Aber aktuell irrelevant. Die gewonnene Höhe durch den Besen hilft mir einen besseren Überblick über das Gelände zu bekommen. Ich sehe nun auch eine Katze auf dem Dach eines Pavillons, die die Sonne genießt. Das ein Vogel freiwillig in ihre Nähe fliegt ist eher unwahrscheinlich – also schwenkt mein Blick eher in die andere Richtung. Auf den Sträuchern des Heckenlabyrinths sitzt tatsächlich ein Rabe – aber ohne Brille im Schnabel. Da fällt mir ein: sind Rabenvögel nicht häufig mit Partnern unterwegs? Mit dem Gedanken im Hinterkopf beobachte ich den schwarzen Vogel, ob ich in seiner Sichtweite einen weiteren ausmachen kann.
Während ich dies tue, scheint der Rabe auf der Hecke zu bemerken, dass er mehr oder weniger im Fokus meiner Aufmerksamkeit steht. Ich bemerke aus den Augenwinkeln lediglich, wie er zunehmend nervös auf und ab hüpft. Mit einem Mal flattert er sogar von der Hecke in den Gang hinab. Als ich das realisiere, lenke ich sofort mit meinem Besen ein, so dass ich in den Gang einsehen kann.
Und da ist er!
Im Labyrinth sitzt ein zweiter Rabe, mit der Brille im Schnabel. Der andere hüpft um ihn herum und beginnt nun, als er mich erkennt, laut zu krächzen. Soll er nur. Ich möchte nur die Brille. Behutsam schlage ich mit meinem Besen die Richtung der zwei ein … wenn ich sie aufscheuchen kann, sollten sie die Brille doch einfach hinterlassen, oder nicht? Ich will sie ja nicht wirklich jagen, nur dass sie unnötigen Ballast liegen lassen.
Als ich meinen Flug in ihre Richtung ändere reagieren die Vögel sofort. Zunächst schauen sie mich mit großen Augen an, als hätte ich sie bei etwas verbotenen erwischt. Dann spreizen sie die Flügel und flattern auf, heben ab und fliegen aus dem Labyrinth über den Schlossgarten hinweg. Das machen sie so geübt, so rasch, dass ich mich zwingen muss, um auch meine Flugrichtung zu ändern und ihnen auf den Fersen zu bleiben. Das wars wohl mit dem Wunsch, die Brille einfach vom Boden aufzulesen. Der Rabe der die Brille im Schnabel hielt, scheint nicht mal im Traum daran zu denken diese liegen zu lassen. Und er fliegt mit ihr, als hätte er nie etwas anderes getan.
Die beiden fliegen über den Garten hinweg, über die Hügel, die Wiesen, die hinter diesem liegen, Richtung eines kleinen Wäldchens. Mein Griff um den Besenstiel wird leicht krampfig, doch ich bemühe mich hinter den beiden zu bleiben. Als sie das kleine Wäldchen erreichen landen beide auf einem großen Ast. Der eine legt die Brille ab, doch der andere hüpft auf dem Ast herum und sieht mich – sofort ertönt ein panisches krächzen und wieder fliegen sie los.
Zunächst erfüllt mich der Reflex ihnen wieder hinterher zu fliegen; zum Glück schaltet sich der Grundgedanke „Nileths Brille zurückholen“ dazwischen. Ich fliege auf die Höhe des Astes und ergreife die Brille. Das Gestell scheint schon einiges mitgemacht zu haben, denn es sind einige Spuren vom Schnabel des Vogels zu erkennen. Warum der Rabe es wohl auf die Brille abgesehen hatte? Weder wirkt das Gestell besonders silbrig, noch glänzen die Gläser irgendwie so, dass es besonders ins Auge sticht. In einem Schloss wo viele metallisch verzierte Dinge zur Einrichtung dienen erscheint mir diese Brille doch etwas unscheinbar. Zumal der Rabe relativ ausdauernd an ihr festgehalten hat.
Ich schau mit der Brille in der Hand in die Richtung, in welche die Vögel entkommen zu sein scheinen. Doch ich kann sie nicht mehr sehen.
Etwas unsicher, aber auch zufrieden verstaue ich die Brille. Doch irgendwie werde ich das Gefühl nicht los das etwas nicht stimmt… Meine Halskette scheint auch auf etwas zu reagieren. Beobachtet mich etwas? Oder Jemand?
Der Griff um meinen Besenstiel wird fester und das Flugtempo doch ein wenig schneller als bei der Verfolgung, so kehre ich vorsichtshalber den Rückweg an.
Sobald ich das Schloss wieder erkennen kann beginnt die Vibration in meiner Halskette wieder regelmäßiger, angenehmer zu werden. So, wie ich sie nun einmal spüre, wenn ich auf dem Besen fliege. Was das auch immer im Wald war, vielleicht hat sich ja ein magisches Geschöpf einfach darin aufgehalten? Ein Grund mehr sich bei Gelegenheit in der Bibliothek oder beim Lehrpersonal schlau zu machen.
Als ich das Schloss wieder erreiche wirkt alles als wäre nie etwas gewesen. Außer, dass Nileth sich unheimlich bei mir bedankt, als ich ihr die Brille wiedergebe.