LUNASTRIA HEXENAKADEMIE
Werde eine Hexe
Schülerinnen
und Einkaufstraße
Deine Geschichte
Geschlossen verlassen wir als Klasse das Schulgebäude und betreten ein weitflächiges Gelände. Professorin Jane steht auf einer leichten Anhöhe und mustert uns alle mit leicht zusammengekniffenen Augen und lächelt.
„Locker bleiben, nicht zu stark drücken und immer das gleichgewicht halten,“ sagt sie. „Bedenkt bitte auch das die Schulbesen etwas älter sind und daher langsamer fliegen … Manche sind auch etwas grummelig also seid bitte vorsichtig!“
Mein Blick wandert meinen Besen hinab. Etwas älter? Das Holz wirkt schon leicht gräulich, doch er liegt recht weich, geschmeidig in der Hand. Wie lange er wohl schon seinen Dienst hier vollzieht? Wenn er aber schon solange dabei ist, muss er seine Arbeit gut machen. Als die Besen vorhin ausgeteilt wurden konnte ich erkennen das einige älter, andere noch nicht ganz so gebraucht aussahen. Vom Gefühl her würde ich meinen dass die älteren wahrscheinlich ein ruhigeres Wesen mitbringen. Mein Blick wandert meinen Besen hinab. Ich denke schon das er einige Jahrzehnte, hinter sich hat. Vielleicht rede ich mir das alles aber auch nur ein, damit ich nicht auf die Warnung der Professorin hören muss.
Ich schaue wieder auf und sehe wie Professorin Jane in dem Augenblick ihren eigenen Besen schwebend vor sich positioniert. Sie weist uns daraufhin dass es eine Gewöhnungssache ist, wer mag kann sich auch angewöhnen den Besen im Vorfeld schweben zu lassen, als Anfänger würde sie uns aber zunächst empfehlen im Vorfeld eine angenehme Sitzposition einzunehmen. Es werden zwei Positionen vorgestellt, einmal seitwärts und dann direkt mittig drauf sitzend. Bei beiden Fällen sollten wir auf die eigene Körperspannung achten und den Fokus auf einen stabilen Halt der Hände legen.
Wir werden dazu aufgefordert in die Praxis umzusteigen und etwas über anderthalb Meter über dem Boden mittels Besen zu schweben. Sie will keine Füße mehr auf dem Boden sehen. Dafür verteilen wir uns etwas.
Ich entscheide mich dafür zunächst seitlichen auf dem Besen Platz zu nehmen. Dafür hebe ich ihn mit beiden Händen so an, dass ich zunächst Platz auf der mitte zum sitzen finden kann; ganz automatisch wandert meine rechte Hand an das hintere Ende um den Besen auch wirklich halten zu können. Sofort spüre ich da einen kritischen Blick im Nacken und ziehe verlegen die Hand wieder zurück.
„Auch wenn es vielleicht bequemer ist, versucht euren Besen an nur einem Punkt festzuhalten.“, spricht Professorin Jane recht unbestimmt in die Runde, doch ich bin mir sicher, dass sie insbesondere mich damit meinte. „Ihr behaltet schon die Kontrolle. Ihr müsst euch aber auch auf das Wesen des Besens einlassen! Später könnt ihr schauen wie ihr das macht, aber jetzt für den Einstieg habt ihr mit ihm zusammen zu agieren.“
Mit ihm zusammen. Okay!
Ich schließe die Augen und konzentriere mich auf den Besen. Wenn ich ganz genau hinfühle, spüre ich eine Art Energie, die ihn umgibt. Ein schwacher, gleichmäßiger Strom, der um ihn zu zirkulieren scheint. Ich visualisiere mir diesen Strom so, wie ich ihn fühle, und versuche selber in diesen ruhigen Zyklus mit meinem Gefühl einzutauchen. Es braucht einen kleinen Moment. Mein Atem wird ruhiger, gleichmäßiger.
Meine Umgebung wird immer ruhiger um mich herum.
Es dauert einige Augenblicke.
Doch schließlich ändert sich etwas im Gefühl. Das leichte pulsieren, dass ich als belebtes Wesen nun einmal in mir trage scheint sich auf den fluss des Besens zu übertragen – was ich an einem aufgeregten kribbeln, einem harmoniserenden Energiestrom zwischen dem Objekt und mir selber wahrzunehmen glaube.
Also öffne ich wieder die Augen. Alle anderen Eindrücke kann ich weiterhin in diesem Moment ganz gut ausblenden, denn dieses Gefühl von verbundenheit mit dem Besen erlebe ich als überwältigend. Ich wusste gar nicht, dass das überhaupt möglich sein kann. Es ist wie ein nonverbales Gespräch, wie Kommunikation mit einem Wesen, dass eine andere Sprache spricht und dennoch beide in dem Moment verstehen, was der andere Ausdrücken will.
Und jetzt bemerke ich auch, dass ich bei dem Druck, den ich zuvor mit meiner Hand ausgeübt habe nachlassen kann.Theoretisch könnte ich den Besen wahrscheinlich komplett loslassen. Testweise probiere ich das auch ruhig – und er schwebt. Er bleibt in der Luft. Es ist nicht das bequemste, aber ich kann gut auf ihm sitzen.
Aufgeregt halte ich mich mit der einen Hand fest, finde eine halbwegs bequeme sitzhaltung und bemühe mich diesen Energiestrom nun so zu nutzen, dass der Besen sich in die Luft bewegt.
Es kostet viel Konzentration, als würde ich jeden zentimeter mich selber durch muskelkraft nach oben heben wollen. Meine Höhenangst kann ich dadurch aber sehr gut ausblenden. Es dauert wieder einige sekunden, doch schließlich stelle ich fest, auf einer gewissen Höhe angekommen zu sein. Da ich etwas sorge habe dieses „Einheitsgefühl“ womöglich verlieren zu können, schaue ich nur angestrengt mich etwas um. Einige meiner Mitschüler sind schon ähnlich weit wie ich, schweben über den anderen, wirken auch hochkonzentriert, andere wiederum schauen fast gelangweilt durch die Gegend. Mein Griff wird wieder fester. Auch wenn ich echt nicht hoch fliege, merke ich schon wie mein Magen nervös wird. Aber eine vorherige Vermutung scheint zu stimmen: mein Besen muss ein ruhigeres Wesen haben. Wenn ich jetzt zu anderen rüberschaue, die ein leichtes wippen in ihrer Schwebebewegung mitbringen oder leichte wellenbewegungen andeuten, da scheint meiner gar kein Bedürfnis nach zu haben.
Nach einigen Minuten haben alle die Aufgabe gemeistert. Professorin Jane lobt uns alle, hält aber auch eine Ansprache, dass wir nach Möglichkeit gerade am Anfang immer wieder Schweben und später auch fliegen üben sollten. Gerade damit die natürliche scheu vor gewissen Höhen sich abtrainiert ist das wichtig. Dann zeigt sie uns demonstrativ wie wir wieder landen sollten: behutsam und mit beiden Füßen gleichzeitig auf den Boden. Und den Besen erst dann innerlich „loslassen“; wer es zu früh macht, wird auf den boden fallen, was zwar vielleicht lässig wirken kann, aber eine Verletzung kann sich schneller zugezogen werden als man im ersten Moment vermutet.
Ich lande rasch wieder auf dem Boden. Als die Bindung sich löst spüre ich es deutlich. Es ist als würde ich einen wärmenden Schal beiseite legen. Das eben so gut mit mir harmonierende Stück Holz rutscht mir bei der Lösung fast aus der Hand, doch ich kann ihn noch etwas holprig auffangen.