LUNASTRIA HEXENAKADEMIE
(im Team mit Flaimi)
10. Stunde Gartenpraxis
Die kühle Meeresbrise zerzaust mein Haar, während ich meine kleine Elfe Marin auf meiner Schulter spüre. Sie zittert leicht, ob vor Aufregung oder wegen des Windes, kann ich nicht sagen. Die Prüfungsaufgabe klingt herausfordernd, doch genau das macht sie spannend. Ich kneife die Augen zusammen und betrachte das Kartenfragment in meiner Hand. Insel Bresea, ein wilder Ort voller Überraschungen. Hier sollen wir also das seltene Peprit Kraut finden.
Flaimi und ich stehen an der Küste der Insel, während die Wellen gegen die Klippen donnern. Der Himmel ist von dunklen Wolken durchzogen, was nichts Gutes verheißt. „Ein Sturm könnte aufziehen“, murmelt Flaimi und schaut mich nervös an.
„Dann sollten wir uns beeilen“, sage ich und greife in meinen Zuckerkristall Beutel. Ich nehme eine Hand voll heraus und lasse sie um mich herum schweben. Ich schließe kurz die Augen und lasse den süßen Duft meiner Magie aufsteigen. Wenn ich das Peprit Kraut nicht sehen kann, dann vielleicht erspüren?
„Ich könnte deine Kristalle mit Luftmagie in alle Richtungen verteilen“, schlägt Flaimi vor und zückt ihren Stab. Ich nicke begeistert: “Gute Idee, auf geht’s.” Während sie ihren Zauberspruch flüstert, konzentriere ich mich auf meine Kristallmagie. Die Kristalle teilen sich in verschiedene Richtungen auf und Flaimis Luftmagie trägt sie weit davon. „Zeig uns den Weg“, flüstere ich.
Langsam beginnt der Nebel, sich in einer Richtung wieder zu vereinen wie eine Art Wegweiser. Mein Herz macht einen Sprung. „Da entlang!“, rufe ich Flaimi zu und setze mich in Bewegung. Die Insel ist tückisch, der Boden rutschig, die Vegetation dicht. Meine Füße sinken in den feuchten Sand ein, während das Heulen des Windes immer stärker wird. Flaimi hat auch mit dem unebenen Boden zu kämpfen und gegen den Wind höre ich sie ab und zu leise fluchen, was mir ein Kichern entlockt.
Eine ganze Weile folgen wir dem Kristall Wegweiser. Es geht an der flachen Küste entlang, die steinigen Formationen werden immer zerklüfteter, je weiter wir kommen. Spitze, löchrige Felsen drohen unsere Kleidung zu zerreißen, wenn wir auch nur einen falschen Schritt machen. Mein Herz schlägt schneller, je länger wir der Nebelspur folgen.
“Sieh mal, da hinten verdichtet sich die Spur, dort muss es sein.”, ruft Flaimi mir gegen den Wind zu und zeigt mit dem Finger auf einen zerklüfteten, halb versteckten Höhleneingang. Passend für eine so seltene Pflanze. “Das muss es sein!”, rufe ich begeistert. Doch als ich näher trete, sehe ich tiefe Kratzspuren am Boden und höre ein leises Knurren aus dem Schatten eines Felsens. Ich erstarre und bedeute Flaimi stehen zu bleiben und lege einen Finger an meinen Mund um sie zur Stille anzuhalten.
Ein dunkles Fellknäuel bewegt sich zwischen den Felsen. Ich halte den Atem an, als zwei funkelnde lila Augen im Schatten aufblitzen. Ein Nachtfuchs! Diese magischen Tiere sind bekannt dafür, Schätze und seltene Pflanzen zu bewachen. Sein dichtes, nachtblaues Fell schimmert in der Dämmerung, und sein buschiger Schweif schlägt unruhig hin und her.
“Wir müssen vorsichtig sein! Nachtfüchse sind argwöhnisch und nicht leicht zu überlisten.“, flüstert mir Flaimi zu.
Ich schlucke. Der Nachtfuchs knurrt leise und bevor wir uns irgendwas Schlaues einfallen lassen können, funkeln hinter ihm noch weitere Augenpaare im Dunkeln.
“Ähm, ich glaube, mit Überlisten kommen wir hier nicht weit…”, sage ich und weiche ein paar Schritte zurück. “Laufen oder Verteidigen?”, frage ich Flaimi.
“Laufen? Wohin denn? Es gibt nur den einen Weg zum Kraut, lass sie uns unschädlich machen!”, ruft Flaimi entschlossen.
„Alles klar, ich hab’ schon eine Idee“, flüstere ich und nehme eine große Handvoll Zuckerkristalle aus meinem Beutel.
“Kannst du sie irgendwie zusammentreiben?”
“Ja, überlass das mir!”, Flaimi zückt ihren Stab, ihr Amulett beginnt zu leuchten. Sie erschafft aus dem Nichts einen Kreis aus Flammen und zieht ihn immer weiter zu, sodass die Füchse sich Rücken an Rücken versammeln müssen. Diese Chance nutze ich, um meine Zuckerkristalle zu einem klebrigen Netz zu formen und die Füchse darin einzusperren. Flaimi nutzt ihre Windmagie um das Netz zu verhärten und die Füchse winseln bewegungsunfähig in ihrem klebrig, süßen Zuckerkäfig.
“Puh, das war knapp. Wir sollten uns beeilen, der Käfig wird nicht ewig halten. Soll er ja auch gar nicht. Holen wir uns das Kraut und dann schnell weg hier.”, sage ich grinsend.
Flaimi schaut noch einmal skeptisch zu den Füchsen. “Die Frau aus dem Ressort hatte Recht, die Aufgabe ist viel zu gefährlich für Schülerinnen.”
“Ach komm, wir haben es doch geschafft und da vorne geht’s rein.”, sage ich und zeige auf einen schmalen Höhleneingang. Ich quetsche mich als Erstes durch. Meine Strumpfhose zerreißt und ich kratze mir den Oberschenkel an einem spitzen Felsen auf.
Flaimi kommt mir etwas vorsichtiger hinterher und schafft es unbeschadet. Als wir aufblicken, sehen wir es. Das Peprit Kraut thront auf einem Felsen inmitten eines Sees, umgeben von einem Fleckchen Wiese. Sein Aussehen ist eher unscheinbar, doch bei genauem Hinsehen kann man die unverwechselbaren, lila Blüten erkennen. Durch ein Loch in der Decke scheint ein Sonnenstrahl genau auf die Pflanze, magischer hätte es nicht sein können.
Ich hüpfe von unserer Seite auf den Felsen und pflücke vorsichtig das Kraut und verstaue es in einem magischen Behälter, um es sicher zur Akademie zurückzubringen. Ich springe zurück zu Flaimi und wir geben uns ein High Five.
“Super gemacht, lass uns schnell zurück zur Akademie und ein heißes Bad im Hexenkessel nehmen.”
Als wir die Höhle verlassen, ist vom Sturm keine Spur mehr. Die Sonne scheint durch die Wolken und wir machen uns gemütlich auf den Weg nach Hause.