05. Untersuchung – Hexenbaby

Margareth war wie immer freundlich und natürlich ein wenig streng, aber ich hörte diesen liebevollen Stolz in ihrer Stimme, als sie sagte, dass Kairi gesund und munter sei. Ein kleiner Wildfang, aber total süß und neugierig. Ich grinste. Die letzte Prüfung war also eine magische Schnitzeljagd. Die Spielzeug-Häschen können überall in Helvik versteckt sein.

Erster Halt: Der Stadtplatz von Helvik

Mittlerweile konnte Kairi schon richtig gut laufen und tapste neben mir her, als wir uns auf dem Stadtplatz umsahen. Der Brunnen war wie immer ein echter Blickfang, die Sonnenstrahlen brachen im Wasser und funkelten wie tausend kleine Kristalle. Doch der Platz war genauso schön wie weitläufig. Ich würde etwas nachhelfen müssen.

“Amarin Marun Mira Mara Arun”

Ich probierte mich direkt an meiner neuen Spezialisierung und ließ ein kleines Blatt auf dem Wind fliegen, eine Art Ortungszauber für den Spielzeughasen. Das Blatt tanzte los, über das Kopfsteinpflaster, zwischen den Ständen hindurch, bis es an einer Stelle plötzlich innehielt und darüber schwebte. Windmagie schien nicht so schwer zu sein, luftig und leicht fühlte sie sich an.

“Da, Mama! Blatt!“ rief Kairi und zeigte mit klebrigem Finger auf einen hübsch verzierten großen Blumentopf, in dem ein Rhododendron wuchs.

Dort, zwischen den hübschen Blüten, saß ein kleines Häschen. Grau mit einem niedlichen rosa Schleifchen. Als ich es greife, gibt es ein fröhliches Kichern von sich. Das war wohl die Nummer eins.

Zweiter Halt: Die Flotte Feder

Der Schreibwarenladen war schon als Kind mein Lieblingsort und jetzt mit Kairi erst recht. Wir traten ein und ich roch sofort den vertrauten Duft von Papier, Stiften und einem Hauch Magie.

Kairi rannte unbeholfen durch den Laden und versuchte, von einem Tresen ein Glas mit bunten Schreibfedern zu erfassen, kam aber nicht ran.

“Amarin Marun Mira Mara Arun”

Ich ließ den Zuckernebel erneut aufsteigen. Diesmal jedoch lief es nicht so glatt wie auf dem Stadtplatz. Kairi murmelt plötzlich mit, ungenau und brabbelnd.

Die Kristalle wirbeln chaotisch umher, sprühen Funken, ein Tintenglas fällt um und mit einem “wusch” fliegt ein ganzes Regal durch die Luft und alle Produkte – unter Anderem auch das Glas mit den bunten Federn – fielen aus den Regalen. Mehrere Gläser gingen zu Bruch, Scherben und Schreibwaren überall. Ich hätte gelacht, wenn es nicht so ein Chaos gewesen wäre.

“Kairi! Du kannst doch nicht einfach dazwischen zaubern!“

Ich sprach mehrere Reparatur- und Ordnungszauber, die Gläser setzten sich zusammen, das Regal flog wieder an seinen ursprünglichen Ort, die Produkte reihten sich wieder geordnet ins Regal. Kairi beobachtete die fliegenden Gegenstände ganz interessiert, als wir es quasi gleichzeitig entdeckten. Ein Häschen, das geradewegs auch wieder im Regal Platz nahm. Es sah verdächtig wie das Erste aus und als ich es nahm, gluckste es einmal. Zwei hatten wir schon, jetzt war das Letzte dran.

Dritter Halt: Dela’s Magieladen

Dela begrüßte uns mit einem wissenden Lächeln. Sie schien schon zu wissen, warum wir hier waren.

“Das letzte Häschen?” fragte sie grinsend. 

“Darfst du uns denn verraten, dass es hier ist?”, frage ich sie mit einem schelmischen Lächeln.

Der Laden war ein Wirrwarr aus Flaschen, Samen, Pulver und Tarotkarten. Kairi gluckste und griff nach meiner Hand.

“Wollen wir diesmal zusammen zaubern, um das Häschen zu finden?”

“Zauban!”, sagte Kairi eifrig und schloss ihre Augen.

“Amarin Marun Mira Mara Arun“

Diesmal probierte ich es mit Feuermagie und schuf zusammen mit Kairi ein kleines Irrlicht, es war hellblau und harmlos. Es flackerte durch den Raum und zog ein paar Kreise, Kairi schaute staunend zu. Dann tänzelte es zwischen den Gläsern hindurch, hinter ein paar Kisten und verweilte. Dort lag es, das letzte Häschen. Auch dieses gab ein leises Kichern von sich, als ich es aufnahm.

Wir traten wieder hinaus auf die Straße, drei Häschen in der Tasche, ein Hexenbaby in meinen Armen, grinsend wie ein Honigkuchenpferd.

Ich wusste, Margareth wird zufrieden sein. Und ich wusste nun, dass Kairi und ich ein gutes Team waren. Sie wird mal eine tolle Hexe.