06. Stunde Zaubertrankkunde
Der Garten von Professor Sindonys Freundin ist unfassbar weitläufig und umfangreich. Ich habe mich vor der Stunde ausgiebig zu den seltensten Kräutern belesen, einen eigenen Trank zu entwickeln ist nicht ohne. In einiger Ferne schimmert der Sternensee im Licht der Mittagssonne. Die Klasse teilt sich auf, denn jeder soll seinen eigenen Trank brauen und sich nicht von den Anderen beeinflussen lassen.
Ich sehe mich in vielen verschiedenen Ecken um. Es gibt unendliche Möglichkeiten, doch ich entscheide mich für 3 Kräuter, die es im Schulgarten nicht gibt. Das erste Kraut ist das feingliedrige Kiryllkraut. Es hat dünne Stränge mit winzigen Blättern, die funkeln wie kleine Perlen. Man sagt ihm nach, dass es den Horizont erweitern soll. Mein zweites Kraut ist das Irakuskraut, dessen blaue Knospen das Gedächtnis stärken sollen. Zu guter Letzt wähle ich das Bryoniskraut, ein Kraut mit großen, dunklen Blättern, das sonst nur in den Bergen wächst. Es wird für innere Ruhe und Meditation genutzt.
Eine wilde Mischung, aber wenn ich die Komponenten ordentlich vermischt bekomme, könnte ein recht passabler Trank dabei herauskommen. Mit meiner Auswahl kehre ich in den Keller der Akademie zurück und beginne sogleich mit dem Brauen meines Trankes.
Zunächst bereite ich die Zutaten vor. Die Blüten des Irakuskrautes werden im Mörser zu einer gleichmäßigen blauen Paste verarbeitet, diese stelle ich zur Seite, denn sie wird als letztes benötigt, muss aber eine Weile ziehen. Dann zerkleinere ich die Blätter von Kiryll und Bryoniskraut gemeinsam und vermische sie mit Feenstaub und rosa Pulver.
Währenddessen sprudelt das Sternenwasser im Kessel leicht vor sich hin, es darf nicht zu stark kochen, sonst gehen die Inhaltsstoffe verloren. Nun schütte ich vorsichtig die Mischung aus Pulver, Staub und gehackten Blättern in das Wasser. Es blubbert jetzt rosa vor sich hin, kleine Bläschen steigen auf. Das Ganze beobachte ich jetzt 15 Minuten, bis plötzlich keine Bläschen mehr aufsteigen. Jetzt muss schnell die blaue Paste aus Irakusblüten hinein. Bis auf den letzten Partikel gebe ich alles hinein und das Gebräu färbt sich purpur und beginnt zu schäumen. Ich rühre 10 Minuten lang mit meinem Zauberstab im Uhrzeigersinn, bis sich das Gebräu vollends vermischt hat. Leise spreche ich meinen Zauberspruch und das Brauen ist abgeschlossen.
Ich fülle den Trank in ein Fläschchen und lasse ihn abkühlen. Wenn er allerdings das tut, was ich vermute, wird er bei mir keine Wirkung zeigen. Ich spreche kurz mit Professor Sindony und bei meiner Erklärung hebt sie verblüfft die Augenbrauen.
“Ein Trank gegen Fluchdemenz?”, fragt sie mich ungläubig. “Unmöglich ist es nicht, aber dass dieser Trank von einer Schülerin gebraut worden sein soll…es wird einige Zeit dauern, bis ich seine Wirkung testen kann, bitte gedulde dich so lange.”
Einige Tage später kommt Professorin Sindony zu mir und bestätigt mir, dass sie den Trank im Altersheim Helvik mit der Erlaubnis der Leitung getestet hat.
“Dein Trank hat tatsächlich Wirkung gezeigt und eine ehemalige Skaturi-Hexe von der Fluchdemenz geheilt, die ihr bei einem Einsatz auferlegt wurde. Hut ab, die Prüfung hast du bestanden.”, sagt Professor Sindony stolz. “Aber sei dir im Klaren darüber, dass ich jetzt Großes von dir erwarte.”, sagt sie mit einem Zwinkern.
Ich lache verlegen. Ohje, hoffentlich kann ich dem gerecht werden.