LUNASTRIA HEXENAKADEMIE

  • Der Winter kommt
    15 November, 2025||
15 November, 2025| Echo| , |

An diesem Morgen lag ein frisches Kribbeln in der Luft, als Echo das Klassenzimmer für ihre zweite große Magiestunde betrat. Die Fenster waren geöffnet, und eine sanfte Brise trug den Duft von Kräutern und warmem Stein herein. Heute war ein neuer Tag, eine neue Lektion und, wie Professorin Estrella gleich verkünden würde, ein völlig neues Abenteuer.


„Guten Morgen, Mädchen“, begann Estrella mit ihrer ruhigen, aber lebendigen Stimme. „Heute tauchen wir in die Kunst der Beschwörung ein. Ihr werdet lernen, kleinere Gegenstände herbeizurufen, aber nicht ohne die wichtigste Grundlage: das Beschwörungssiegel.“

Ein Raunen ging durch die Klasse. Einige lächelten erwartungsvoll, andere wirkten nervös. Echo fühlte beides gleichzeitig. Estrella führte sie hinaus in den sonnigen Innenhof, wo mehrere Arbeitsplätze vorbereitet waren: Kreidestücke, Pergamente, Federkiele, sogar funkelnde Zauberstäbe für jene, die mutig genug waren, ihr Siegel direkt in die Luft zu zeichnen.

„Jede Linie ist eine Entscheidung“, erklärte Estrella, während sie gemächlich an der Gruppe vorbeiging. „Jeder Kreis ein Rahmen für eure Absicht. Nutzt, was euch am sichersten erscheint. Die Magie reagiert auf euren Stil.“

Sofort verbreitete sich auf dem Hof eine kleine Explosion aus Kreativität. Zwei Mädchen zeichneten akribisch auf Pergament. Ein anderes Trio kniete am Boden und beschwor Kreidestaub auf ihre Knie. Echo setzte sich, legte Pergament vor sich hin und dachte angestrengt nach. Neues Siegel, neue Stunde … vielleicht auch ein neuer Versuch, alles ruhiger, geordneter anzugehen.

Sie zeichnete konzentriert den äußeren Kreis, dann einen inneren. Ergänzte ruhige, klare Symbole. Keine Spielereien. Keine Sonderlocken. Kein Chaos, schwor sie sich.

„Sehr schön, Echo“, murmelte Estrella, die ihren Fortschritt beobachtete. „Dieses Siegel wirkt stabil. Wenn du bereit bist, darfst du etwas Kleines beschwören. Etwas, das dir nützlich erscheint.“


Echo nickte. Etwas Kleines. Etwas Nützliches. Keine Überraschungen. Keine Missgeschicke dieses Mal!

Sie legte die Hand auf das Siegel, atmete tief ein und zeichnete ihr gut durchdachtes Siegel und sprach: „Tempora stellaris.“

Ein sanfter Lichtimpuls durchlief die Linien. Echo lächelte zufrieden, bis das Licht plötzlich heller wurde. Und vibrierte. Und wackelte. Kleine Flammen sprühten aus dem Siegel. „Professor Estre …“, fing sie noch an, nach ihrer Lehrerin zu rufen, aber es war zu spät. Mit einem Puff! erschien er: Ein winziger, runder Drache, grün und kugelig. Auf seinem Bauch glänzt ein Wecker. Echo starrte ihn erstaunt an und wich einen Schritt zurück. „Nein … nicht schon wieder Chaos …” 

Der Drache öffnete das Maul. DING–DING–DING!

Eine hohe, kreischende Alarmglocke hallte durch den Hof. Der Drache spuckte begeistert einige Mini-Flammen. Einige Schülerinnen brachen in schallendes Lachen aus, andere schrien erschrocken auf, während Echo panisch versuchte, die Flamme auszublasen, ohne den Drachen-Wecker zu verärgern.

Estrella seufzte, aber sie lächelte. „Nun … das ist eindeutig dein persönliches Beschwörungsmuster.“

Mit einem sanften Zauber löste die Professorin den Drachen auf, der mit einem letzten Ping! verschwand. Echo hielt ihr Pergament, das nun rußgeschwärzt an den Rändern war, und seufzte tief.


Eine Mitschülerin klopfte ihr auf die Schulter. „Immerhin ist er süß“, meinte sie lachend. Echo konnte nicht anders. Trotz allem musste sie lachen. Vielleicht war sie wirklich eine Hexe, die Chaos beschwor oder Zeit, oder beides. Aber vielleicht gehörte genau das zu ihrer Magie. Sie würde schon lernen ihre Magie noch richtig einzusetzen.