LUNASTRIA HEXENAKADEMIE

  • Herbstzauber
    30 September, 2025||
1 Oktober, 2025| Claire|

Heute ist mein erster Musikunterricht. Gedankenverloren sitze ich am Platz und starre aus dem Fenster. Die Wolken draußen ziehen träge dahin, und für einen Augenblick vergesse ich, dass ich in einem Klassenzimmer voller neugieriger Schüler sitze. Doch etwas zieht meinen Blick wie von selbst zur Tür – eine leise Erwartung, fast schon magisch.

Nur wenige Sekunden später öffnet sie sich, und unsere Musikprofessorin tritt ein. Sie trägt ein warmes Lächeln, das den Raum sofort heller wirken lässt.

„Hier begebt ihr euch in eine Welt voller Magie und Melodien“, sagt sie mit klarer Stimme. „Natürlich werde ich euch begleiten und euch die Schönheit dieser Welt zeigen. Ihr dürft mich gerne Professorin Rosella nennen.“

Ihre Anwesenheit wirkt beinahe wie ein Zauber für sich. Gespannt blicken alle auf sie, als sie sich an ihr Pult stellt.

„Um diesen besonderen Einstieg zu beginnen, habe ich etwas vorbereitet. Heute sollt ihr euren ersten eigenen Notenschlüssel zaubern. Die Formel lautet: Clavis Melodiae, lumen animae, canta mihi. Prägt sie euch gut ein, ihr werdet sie gleich brauchen.“

Ein leises Murmeln geht durch die Klasse. Meine Finger verkrampfen sich in meinem Schoß, als ich ihre Worte höre.

„Ich werde einen nach dem anderen aufrufen. Macht euch keinen Kopf, wenn es nicht sofort klappt – das Wichtigste ist, dass ihr es versucht.“

Dann fällt ihr Blick auf mich.
„Claire, möchtest du beginnen?“

Mein Herz setzt einen Schlag aus. Warum ausgerechnet ich? Ich spüre, wie mir die Hitze ins Gesicht steigt. Zögernd stehe ich auf, jeder Schritt nach vorne fühlt sich wie ein kleiner Kampf an. Die Augen meiner Mitschüler brennen neugierig auf meinem Rücken.

Meine Hände zittern, und ich balle sie zu Fäusten, um es zu verbergen. „Nur Mut…“, flüstere ich kaum hörbar zu mir selbst.

Ich atme tief durch und hebe die Hände vor mich. Leise, fast wie ein Gebet, spreche ich die Formel:
Clavis Melodiae, lumen animae, canta mihi.

Zwischen meinen Fingern schimmert ein kleines Licht auf, schwach und unsicher. Es flackert, als wolle es gleich wieder verlöschen. Hinter mir beginnt die Klasse zu tuscheln. Mein Herz schlägt schneller, und ich will schon aufgeben – da höre ich Rosellas ruhige Stimme:

„Du machst das gut. Versuch, an dein Lieblingslied zu denken.“

Shadowbringers. Die Melodie steigt in meinen Gedanken auf, vertraut und tröstlich. Ich schließe die Augen, lasse die Musik mein Herz erfüllen. Plötzlich beginnt die Magie zwischen meinen Händen zu pulsieren, als würde sie im Rhythmus der Melodie mitschwingen.

Ein feiner Klang breitet sich im Klassenzimmer aus. Mit jedem Ton fühle ich mich ruhiger, mutiger. Das Licht zwischen meinen Händen wird heller, blendend hell, bis sich daraus ein silberner Faden löst.

Langsam, Takt für Takt, windet er sich, als würde er selbst zur Musik tanzen. Vor den Augen aller formt sich daraus ein Notenschlüssel – zart, leuchtend, wunderschön. Er schwebt frei in der Luft, als gehöre er in eine andere Welt.

Die Klasse verstummt. Niemand wagt zu sprechen. Selbst die Professorin sieht mich mit einem Ausdruck an, der zwischen Staunen und Stolz liegt.

Doch wie jede Melodie endet auch diese. Der Schlüssel beginnt zu verblassen, löst sich in Sternenstaub auf, der sanft durch den Raum rieselt. Unsicher hebe ich den Blick zur Professorin. Habe ich es richtig gemacht?

Rosella tritt zu mir, ihre Augen voller Wärme. „Meine Liebe, das hast du wunderbar gemacht. Setz dich bitte wieder.“

Meine Beine fühlen sich an wie Wackelpudding, als ich zu meinem Platz zurückkehre. Mein Herz rast, doch in mir breitet sich auch eine ungeahnte Freude aus.

Die Professorin wendet sich wieder an die Klasse. „Ihr habt gerade etwas erlebt, das man nur selten sieht. Was Claire gewirkt hat, war Seelenmagie, verwoben mit der Magie der Melodie. Niemand von euch muss das erreichen – es verlangt zu viel von den magischen Reserven. Doch es war ein kostbarer Augenblick, den wir gemeinsam teilen durften.“

Ein ehrfürchtiges Schweigen liegt im Raum. Und ich, Claire, kann kaum glauben, dass dieser Augenblick mir gehört.