Wie jeden Tag trottete ich in den leeren Musiksaal der Akademie, um mein Instrument Spielen zu verbessern. Eine gute Ablenkung vom alltäglichen Schulstress, denn die derzeitige Stunde im „Regeln & Gesetze“ Unterricht bereitete mir Kopfzerbrechen. Wie sollte ich im gesamten Schulgebäude bloß diese sogenannten Siegelfänger finden? Geschweige denn fangen, bei den außergewöhnlichen Geschwindigkeiten, die sie erreichen konnten?
Seufzend nahm ich zwischen dem massiven Xylophon und den Pauken am Fenster Platz und packte meine Harmonika aus. Ich fing an die ersten Noten zu spielen, die Anspannung in meinen Schultern lockerte sich… bis ein plötzlicher Paukenschlag hinter mir ertönte und mich abrupt aufschrecken ließ. Verwirrt wandt ich meinen Blick in die Richtung aus der er gekommen war und schwang ihn wieder zurück als aus einer anderen Xylophonlaute erklangen. Doch da war nichts.
„Wer ist da..?“, nuschelte ich, während es mir kalt den Rücken hinablief und ich meine Augen durch den Raum schweifen ließ. Fast wie eine Antwort darauf spielte der Flügel plötzlich eine aufsteigende Tonleiter, die anschließend wieder abstieg. Da bemerkte ich den kleinen Übeltäter: Klein, kugelrund und mit kleinen Schwingen versehen, rollte ein Siegelfänger verspielt über die Klaviertasten. Meine Augen weiteten sich und mein Herzschlag wurde schneller. Das war DIE Chance!
Vorsichtig legte ich meine Harmonika beiseite und richtete mich auf, den Atem dabei beinahe anhaltend, um die lebhafte Kugel nicht zu verschrecken. Diese sprang nun von Taste zu Taste, flatterte vergnügt mit ihren Flügeln; wie wenn sie den Spaß ihres Lebens dabei hatte mir den Schrecken meines Lebens bereitet zu haben. Jetzt musste ein Plan her. Doch als mein Ziel scheinbar merkte, dass es ins Visier genommen worden war, schwirrte es flink hinter das Klavier.
„HEY! Hier geblieben!“ Instinktiv und ohne weiter nachzudenken stürmte ich darauf los. Natürlich machte der Siegelfänger seinem Ruf alle Ehre; jedes Mal, wenn meine Fingerspritzen drauf und dran waren ihn zu berühren, entkam er mir knapp wieder. Ich stolperte oft, rempelte die Instrumente an, krachte schier gegen die Wände… doch das Sahnetüpfelchen war das Herumhoppsen und fast schon spöttische Surren der glitzenden Kugel. Machte sie sich ernsthaft auch noch über mich lustig?! Gereizt zückte ich meinen Zauberstab und preschte einen Zauberspruch zwischen den Zähnen hervor:
„Jetzt ist Schluss, das Spiel ist aus, Vorbei mit der Hetz‘ wie Katz und Maus. Ich geh‘ hier nicht ohne meinen Fang, Der Gong gibt nun das Ende an. Al a re laye, al a re layo!“
Durch meine Wut war meine Magie wesentlich wärmer und kribbeliger auf der Haut als sonst. Sie strömte durch meine Unterarme über meinen Zauberstab, den ich nun mit beiden Händen fest umgriffen hielt. Die magische Energie umhüllte ihn und schloss sich herum wie eine Art großer Schlegel. Den Blick auf den Siegelfänger fixiert, wie ein Raubtier auf seine Beute, holte ich weit aus und schwang meinen erweiterten Stab mit voller Wucht gegen die Scheibe der Gong, die eine Ecke des Musiksaals schmückte. Ein ohrenbetäubender Klang brach beim Aufprall hervor, dessen kraftvolle Vibrationen in der Luft den Siegelfänger aus dem Konzept brachten und er wirr zu Boden sank. „Jetzt!“ dachte ich mir, ließ meinen Zauberstab fallen und warf mich auf die benommene Kugel, um sie erfolgreich in meinen Besitz zu bringen.