LUNASTRIA HEXENAKADEMIE

  • Wieder da!
    24 April, 2025||
24 März, 2025| Chary|

Die kühle Nachtluft roch hölzern und nach Moos, während ich mich auf die Lichtung im Herzen des Waldes stellte. Über mir raschelten die Blätter, vereinzelt war der Ruf von Eulen zu hören. Alles um mich herum schien voller Leben und doch so leer und düster. Die Präsenz der Glühwürmchen fehlte, das war eindeutig.

Ich ging noch einmal hastig meine Prüfungsutensilien durch; Cello, check. Notenbuch, check. Triangel, check. Trommel, check. Sangh, che-.. eugh!

Vor lauter Aufregung hatte ich nicht bemerkt, wie ich laut am Nachdenken war und meine Elfe Sangh es wohl nicht so gut aufgenommen hatte als „Utensil“ mitgezählt zu werden. Ein leichter Schlag mit ihrem kleinen Ärmchen gegen meine Nase riss mich aus den Gedanken. Unsanft, aber effektiv. Sangh saß auf meiner Schulter, Arme verschränkt, und plusterte ihre Wangen auf. Ihr stand der Zorn regelrecht ins Gesicht geschrieben, jedoch nichts, das eine fixe Entschuldigung nicht wieder einrenken konnte.

„Dann wollen wir mal…“

Den Blick in die Tiefe des Waldes geheftet und den von Professorin Rosella in meinem Rücken ignorierend, baute ich meine eigene kleine Bühne auf. Ich nutzte eine Felsformation, die einer Ruine glich, dazu zu meinem Vorteil: mein Zauberbuch lag offen auf einem Mauervorsprung und mein Cello stand fest auf steinernem Untergrund, um nicht in der weichen Erde zu versickern und um so versehentlich falsche Töne zu vermeiden. Ich legte mir den Riemen der Trommel um die Schulter und Sangh ließ verspielt meine Triangel in der Luft baumeln.
Alles war vorbereitet, nun konnte die Show beginnen.

Mit einer fließenden Bewegung zog ich den Bogen über die Cellosaiten und der erste Ton brach durch die Dunkelheit. Unterbewusst passte ich meinen Rhythmus den des Waldes an und sang sogleich meinen kürzlich erlernten Zauberspruch:

„Ein Ton, ein Licht, ein Schritt, ein Spiel,
Strahlende Noten leiten mich zum Ziel.
Helle Klänge, führen mich fort,
sicher an den rechten Ort!
Zeigen mir wie, zeigen mir wo
Al a re laye, al a re layo!“

Wie ein sanftes Summen, kaum hörbar, aber voller Magie hallte es zwischen Bäumen und Gestrüpp. Es sollte mir zeigen, wo sich die verstreuten Glühwürmchen versteckten, indem es sich wie ein unsichtbarer Klangteppich aus bunt schimmernden Noten ausbreitete und durch die scheinbar unendlichen Waldwege tastete. Im Gegensatz zu meiner letzten Prüfung jedoch waren diese Noten nur sehr schwach sichtbar, trotz der Dunkelheit. Dieses Mal musste meine Magie schließlich nicht durch einen kurzen Schulgang, sondern durch einen sich weit streckenden Wald navigieren. Doch ich rechnete bereits damit. Unbekümmert neigte ich den Kopf zu meinem Notenbuch und setzte zum Singen eines alten Musikstückes an, das meinen wegweisenden Pfad verstärken solle…erfolgreich. Der Boden war zum Ende des letzten Verses gepflastert mit kräftig leuchtenden Abbildern von Noten, Notenschlüsseln und -linien.

„Wow…“

Etwas außer Puste weiteten sich meine Augen und ich starrte auf das Lichterspiel. Ich teilte mit Sangh eine kindliche Faszination, ehe wir uns kopfschüttelnd zusammenrissen. Das war schließlich erst der Anfang!
Ich lehnte mein Cello mitsamt Bogen vorsichtig gegen die Felsmauer und wir machten uns auf, dem strahlenden Weg zu folgen. Einige Schritte weiter zog ich einen Schlägel aus der Hosentasche. „Achtung Sangh“, warnte ich meine Elfe, die noch immer meine Triangel fest in den Ärmchen hielt. „Jetzt kommt Akt II unserer Aufführung!“ Abrupt hielt sie inne, nickte und wand sich, als wolle sie ihren Griff festigen, ehe ich mit einem kräftigen Schwung gegen das Metal stieß und einen weiteren Zauberspruch aussprach:

„Wie du es rufst in den Wald,
so kommt es wieder zurück.
Ein Klang, der entweder ewig hallt,
oder doch nur einen Augenblick
und wiederkehrt als ein Echo,
Al a re laye, al a re layo!“

Der helle, klare Ton schwang durch die Nacht und dehnte sich in Wellen aus. In der Ferne blitzten winzige Lichter auf, fast als reagierten auf den Klang. Ich spielte weiter und variierte dabei den Rhythmus. Jedes Mal, wenn eine Tonwelle eines der Glühwürmchen erreichte, leuchtete dieses auf – wie eine kleine Antwort in der Dunkelheit.

Dort! Und dort! Und da!

Mein Herz klopfte nun stärker vor Aufregung. Jetzt war Sangh an der Reihe, doch ich vertraute ihr voll und ganz. Als nun ich Schlägel und Triangel in meinen Händen hielt wusste die charismatische Elfe, dass dies ihr Stichwort war. Sie nutzte einen einfachen Zauber um sich selbst aufleuchten zu lassen. Während sie als kleine Leuchtkugel von Lichtpunkt zu Lichtpunkt huschte und die Glühwürmchen alle zusammentrieb, wechselte ich mein Instrument zur Trommel, die noch an meiner Seite hing. Gebannt sah ich Sangh bei ihrer Arbeit zu und griff zu den Sticks in meiner anderen Hosentasche. Zu meinem Unmut merkte ich, dass es doch kräftezerrend war mehr als einen Zauber anzuwenden, besonders so unmittelbar hintereinander. Mein Körper zitterte leicht, weniger vor Nervosität, als vor Erschöpfung. Ich atmete tief durch, es war an der Zeit für Akt III.

„Der Rhythmus meines Herzens gibt an den Takt
Sehet an, die Parade für den letzten Akt.
Ein Spektakel, kunterbunt und lichterloh,
Al a re laye, al a re layo!“

Fast schon motorisch fingen meine Handgelenke an einen festen Rhythmus anzuschlagen und mein Schritt passte sich dem Takt an. Voller Zuversicht lief ich voraus, gefolgt von Sangh und ihren Gefolgen – den Glühwürmchen. Wie eine Parade aus Licht und Klang zogen wir durch den Wald. Und dann, endlich, erreichten wir die Lichtung, wo meine Professorin bereits wartete. Ihr Blick fiel auf die schimmernde Schar hinter mir, ein zufriedenes Lächeln schmückte ihre Lippen. Ich spielte den letzten Trommelwirbel, ließ ihn sanft verklingen, während sich die Glühwürmchen in der Luft verteilten. Sangh nahm neben mir Platz und wir beide verbeugten uns im Einklang vor unserem Publikum – Professorin Rosella, die mit einem kräftigen Applaus erwiderte und unseren Musikakt somit erfolgreich abschließen ließ.

Das Elfenbeerenfest konnte beginnen.