„In der heutigen Stunde von Regeln und Gesetze werden wir wieder über die Regeln der Hexerei und Magie sprechen. Dabei besprechen wir eine der fundamentalsten Regeln: Verstorbene dürfen nicht wiederbelebt werden!“ Professorin Elvina schaut uns mit einer ernsten Miene an. Es ist kaum ein paar Minuten her, dass sie den Raum betreten hat, doch über die Klasse hatte sich ein gebanntes Schweigen gelegt und jegliches munteres Flüstern war verstummt. Auch ich lausche gebannt, wie sie über diese Regel berichtet. Dabei redet sie nicht nur über die ethischen Aspekte, sondern erläutert auch die Historie dieser Regel. 

Als Professorin Elvina die schrecklichen Folgen der Versuche, Verstorbene wiederzubeleben, berichtet, halte ich beinahe die Luft an. Die Atmosphäre im Klassenraum ist angespannt, doch alle hören aufmerksam zu. Ich verstehe sofort, wieso diese Regel entstanden ist. Zunächst scheint es logisch, dass man geliebte Personen weiterhin unter sich haben möchte – doch ein Körper ohne Seele ist vieles, aber ganz sicher nicht die geliebte Person! 

„Mit der Wahl der ersten Hexenkönigin wurde dieser Hexenpraxis und den Wiederbelebungsversuchen ein Riegel vorgeschoben. Sie verhängte ein striktes Verbot für „schwarze Magie“. Darunter fällt nicht nur die Nekromantie, sondern auch zum Beispiel Gedankenkontrolle. Alles, was das Gleichgewicht der Welt gefährdet, darf nicht genutzt werden. Dazu zählen zum Beispiel auch mächtige Wetterkontrollzauber“, berichtet Professorin Elvina. „Die Regeln, nach denen wir leben, dienen nicht nur der allgemeinen Sicherheit. Sie sind das ethische Fundament der Welt, in der wir leben. Und dieses Fundament müssen wir schützen, damit unsere Welt weiterhin sicher und lebenswert bleibt!“ 

Die Stunde vergeht wie im Flug und als Professorin Elvina ihren Vortrag beendet, bleibt es noch eine Weile ruhig, bevor sich die ersten Schüler*innen mit Fragen zu Wort melden. Der letzte Satz von Professorin Elvina hat mich besonders berührt. Eine sichere und lebenswerte Welt erhalten. Das scheint mir ein wirkliches wichtiges Ziel zu sein. Als sie die Wetterkontrollzauber erwähnt hatte, waren meine Gedanken sofort in meine Kindheit zurückgekehrt. 

Damals hatte tagelang nur die Sonne geschienen. Erst schien alles normal – es war immerhin Sommer. Doch als der Herbst kommen sollte, schien noch immer die Sonne und kein Tropfen Regen fiel vom Himmel. Die Ernten wurden gefährdet, die Flüsse schrumpften und die Tierwelt verhielt sich chaotisch. Niemand wusste so recht, was da passierte. Ich war nur ein kleines Kind und freute mich über den nicht enden wollenden Sommer, doch ich erinnerte mich an die besorgten Gesichter der Erwachsenen. Später hatte meine Mutter mir erzählt, dass eine Hexe schlichtweg lieber im Sommer leben wollte und deswegen einen verbotenen Wetterzauber eingesetzt hatte. Eigentlich waren ihre Gedanken nicht schlecht gewesen, doch sie hatte die Magie nur für ihren eigenen Vorteil eingesetzt und die Auswirkungen auf die Natur und andere Personen nicht bedacht … oder ignoriert. Noch dazu scheint die Wetterkontrolle ja auch unter die verbotene Magie zu fallen! Eigentlich ist es doch ganz gut, dass sich ein paar schlaue Hexen und Zauberer Gedanken über die Tragweite von Zaubersprüchen Gedanken gemacht hatten. Immerhin war es unmöglich als junge Hexe alle Konsequenzen der Zaubersprüche auf dem Schirm zu haben. Ein verantwortungsvoller Umgang mit Magie ist wirklich das Fundament für alles!